Olaf Scholz und die kontroverse Migrationsabstimmung im Bundestag
Olaf Scholz äußert sich in einer Talkshow zu den Migrationsverschärfungen im Bundestag und zeigt sich über die Zusammenarbeit von Union und AfD verärgert. Er kritisiert die Situation beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Am Abend nach der historischen Migrationsabstimmung sitzt Kanzler Olaf Scholz bei Sandra Maischberger. Entspannt wird es auch hier nicht. Ganz im Gegenteil.
An einem Tag, an dem es den Bundeskanzler in einer Talkshow kaum mehr auf dem Sitz hält, muss etwas Besonderes passiert sein. Vor allem, wenn es sich bei diesem Kanzler um Olaf Scholz handelt, der ja nun nicht gerade für sein überschäumendes Temperament bekannt ist.
Aber der Tag ist zu bedeutend, historisch gar, um sich hier in launigen Charakterisierungen zu verlieren. An diesem Mittwoch hat der Bundestag für Verschärfungen bei der Migration gestimmt - mithilfe der AfD. Von einem "schwarzen Tag für unsere Demokratie" spricht Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zufolge sei Friedrich Merz, der sich das Ganze ausgedacht hat, "leichtfertig, wissentlich und eben auch mit der klaren Konsequenz (...) aus der politischen Mitte dieses Hauses ausgebrochen". Olaf Scholz selbst nennt den Vorgang einen "Tabubruch", als er schon nicht mehr im Bundestag, sondern im Studio von Sandra Maischberger sitzt.
Dort geht es jedoch nicht viel milder zu als im Parlament. Die Gastgeberin ist auf Angriff, auf volles In-die-Mangel-und-nicht-mehr-vom-Haken-Lassen eingestellt. Das angespannte Hickhack, unterbrochen von wenigen Nettigkeiten, das sich in den gut 50 Minuten zwischen den beiden entspinnt, sei hier in Auszügen widergegeben.
Zur historischen Abstimmung im Bundestag fragt Maischberger: "Welchen Teil der Verantwortung müssen Sie sich anmaßen lassen, dass am Ende Friedrich Merz nur noch die Möglichkeit sah, mit der AfD zu stimmen?"
Scholz: "Das stimmt ja einfach nicht."
Zur Kritik daran, dass sich die Lage beim überforderten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht schnell genug bessere, sagt Scholz: "Wir müssen auch weiter hinterher sein und ich bin es auch."
Maischberger: "Nein, das sind Sie nicht."
Sandra Maischberger möchte wissen, wann es denn so weit sei, hatte Scholz doch bereits vor zwei Jahren versprochen, Deutschland werde Wirtschaftswachstumsraten erzielen wie zuletzt in den Fünfzigern und Sechzigern. Aber der Kanzler will erst noch etwas klarstellen: "Erstens. Ich hab nicht die Ukraine überfallen, das war Putin."
Maischberger: "Ernsthaft, ist das das Niveau?"
Wiederholt wird die Frage gestellt, warum er am Freitag nicht einfach für den Gesetzentwurf von Friedrich Merz stimmen könne, um eine Mehrheit mit AfD-Stimmen zu verhindern. Maischberger gibt nicht nach und fragt erneut: "Wenn man nur drei Milliarden finden wollte, würde man die finden oder nicht?"
Besonders bei der Frage, warum er am Freitag nicht einfach für den Gesetzentwurf von Friedrich Merz stimmen könne, gibt Maischberger nicht nach. Irgendwann kommt dann auch die Frage der Fragen. "Was schätzen Sie an Friedrich Merz?", fragt Sandra Maischberger den Kanzler. Vor einer Woche noch hätte er ihm bescheinigt, dass er es ernst meine, dass er nicht mit der AfD zusammenarbeitet. Das könne er leider nicht wiederholen.
In zwei Tagen stimmt der Bundestag über den Gesetzesantrag ab. Unwahrscheinlich, dass sich der Bundeskanzler und der CDU-Kanzlerkandidat Merz da wieder grün sein werden. Falls doch: Caren Miosga freut sich am Sonntagabend sicher über einen Doppelbesuch.