Deutschland scheitert im Handball-Viertelfinale an Portugal und an sich selbst
Deutschland ist bei der Handball-WM nach einem Verlängerungs-Krimi an Portugal gescheitert - aber noch viel mehr an sich selbst. Eine Analyse.
Dieses Hartplastik-Schild, das der "Player of the Match" nach jeder Partie der Handball-WM 2025 in Dänemark, Kroatien und Norwegen überreicht bekommt, hätte Andreas Wolff wohl am liebsten noch an der Mittellinie zerstört.
Der Torhüter der deutschen Nationalmannschaft war für seine erneut überragende Leistung trotz der Viertelfinal-Niederlage gegen Portugal (30:31 nach Verlängerung) als Mann des Abends in Oslo ausgezeichnet worden.
Dass aber selbst 21 Paraden von Wolff nicht reichten, um ins Halbfinale einzuziehen, sagt sehr viel über seine Vorderleute aus. Deutschland hatte das Erreichen der Top-4 schlicht auch nicht verdient, weil zu viele Defizite durch das gesamte Turnier geschleppt wurden.
Weil der Lerneffekt aus den sechs Partien zuvor, von denen fünf mehr oder weniger glanzlos gewonnen wurden, extrem gering war. Immer wieder hatte das DHB-Team in Vor- und Hauptrunde die Startphase verschlafen und regelmäßig kraftraubende Aufholjagden gebraucht. Möglicherweise fehlte genau diese verbrauchte Kraft in der Endphase gegen die Portugiesen.
Kapitän Johannes Golla sagte wohltuend ehrlich über die ersten 30 Minuten am Mittwochabend, in denen den Deutschen mickrige neun Tore gelangen, und davon nur fünf aus dem Spiel heraus.
Hätte Wolff nicht schon von Beginn an einen Ball nach dem anderen entschärft und Lukas Zerbe (am Ende neun Tore) einen Siebenmeter nach dem anderen verwandelt, wäre schon zur Pause alles vorbei gewesen.
Experte Johannes Bitter war noch weit nach Mitternacht fassungslos: Geradezu erschreckend war die Ausrechenbarkeit, Ideenlosigkeit und Armut an Varianten im deutschen Angriff um den als Spielmacher komplett überforderten Luca Witzke.
Was aber über das gesamte Turnier beeindruckend war: Deutschland gibt nicht auf. Verzweifelt nicht an den eigenen Unzulänglichkeiten und dem fehlenden Plan B von der Trainerbank, steckt auch die oft inhaltsleeren Auszeiten weg. Der Kampfgeist bei der WM 2025 war überragend, doch mit besserem Coaching und mehr Vertrauen in jüngere Spieler hätte sich das DHB-Team die am Ende fehlenden Reserven vielleicht erhalten können.
Experte Dominik Klein stellte fest, dass es sowohl an einem klaren Plan als auch an Leadership auf der Platte fehlte - bis hin zur fast schon peinlichen Mutlosigkeit in der 60. Minute: Deutschland hatte bei 26:26 den Ball, traute sich aber keinen Abschluss mehr zu.
Alfred Gislason erklärte das später mit der Tatsache, dass man in Unterzahl spielte: Logisch klingt das nicht, und es wäre auch möglich gewesen, Wolff auf dem Feld zu lassen, um auch mit einem Mann weniger einen Wurf zu kreieren, was der Keeper selbst hinterher offen zu gab.